Julius Kerkhoff

Preisträger BDA Preis Bayern 2019

Die Kelterei – Vom Naturprodukt zum Kulturprodukt

Julius Kerkhoff

Die Kelterei – Vom Naturprodukt zum Kulturprodukt

Architekt
Entwurfsverfasser: Julius Kerkhoff
Bauherr
Betreuung durch Prof. Uta Graff, Technische Universität München

Preisträger

BDA Preis Bayern 2019 – Nachwuchspreis (gesonderte Auslobung)

Die Arbeit scheint zunächst wie eine typische Aufgabe für Architekturstudenten: Ein gemischtfunktionales Gebäude — hier ein Hybrid aus Kelterei und Hotel — soll in idyllischer Landschaft mit viel Atmosphäre und Bezug zum Ort geplant werden. Die Funktionsmischung ist naheliegend. Jeder, der schon mal in einer steirischen Buschenschänke gesessen hat, weiß, dass Weinproduktion, Weinkonsum und eine Übernachtungsmöglichkeit Hand in Hand gehen. Der vorliegende Entwurf entfernt sich jedoch schnell von einer konventionellen Antwort. Mithilfe eines anschaulichen Skizzenbuchs, anhand von Materialstudien und Schnittmodellen nähert sich der Bearbeiter der Gebäudeform wie auch der Detailierung.

Ein Weinberg an der Küste Neuseelands dient dem Projekt als Standort. Wie eine Brücke überzieht der Baukörper eine Senke in der Landschaft. Ein Betonskelett mit Gabionen-Ausfachung stützt das Gebäude gegen das Erdreich. Über dem massiv wirkenden Sockel liegt eine offene, eingeschossige Holzskelettkonstruktion mit geneigtem Dach. Die Unterscheidung in der Materialwahl geht mit einer funktionalen Trennung einher: Im Untergeschoss befindet sich die Kelterei, darüber spannen sich die Hotelzimmer. Dank der geschlossenen Sockelzone, die je nach Geländeverlauf mal mehr, mal weniger sicht-bar ist, wird die Topografie des Ortes herausgearbeitet und betont. Das Gebäude schmiegt sich in die Landschaft.

Die unterschiedliche Ausführung der Geschosse lässt vermuten, der Baukörper bestehe aus zwei übereinander angeordneten Konstruktionen. Erst das Schnittmodell verrät, dass sich die beiden Schichten verzahnen; das Holzskelett ist in den Sockel eingebettet und wird in der Ansicht gegenüber der massiv wirkenden Mauer angehoben. Der Hotelriegel setzt sich damit optisch vom Untergeschoss ab. Eine horizontale Fuge entsteht, die dem Entwurf Leichtigkeit verleiht. Der geschlossene Sockel und das offene Holzskelett spiegeln zwei unterschiedliche Auslegungen des Begriffs Tektonik wider: die Plattentektonik des Standorts und die aus ihr erwachsende tektonische Fügung in der Architektur.

Der Entwurf basiert auf einem wohlüberlegten, für Funktion und Ort angemessenen Konzept. Die Zeichnungen und materialgetreuen Modellstudien belegen eine detaillierte Auseinandersetzung mit Raumbildung, Belichtung und Landschaftsbezug. Damit ist die Kelterei Studienarbeit und gelungenes Architekturprojekt zugleich.